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Sonntag, 19. Juli 2020

Gelebte Medienvielfalt

In der "NZZ am Sonntag" und in der "SonntagsZeitung" sind zwei ziemlich ähnliche Artikel der freien Journalisten Brigitte Kramer erschienen. Es geht um die Folgen von Covid-19 (Coronavirus) für Mallorca im Allgemeinen und den Ballermann im Speziellen. In beiden Berichten taucht beispielsweise der Reisebürobetreiber Guy Steffen auf. Und der balearische Tourismusminister Iago Negueruela wird zitiert. In der NZZaS wird aber wenigstens erwähnt, dass er nicht mit Kramer gesprochen hat, sondern sie bloss Zitate aus dem "Diario de Mallorca" nutzt. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Kramer hat die beiden führenden Sonntagsqualitätszeitungen im Unklaren darüber gelassen, dass sie beiden eine ähnliche Story verkauft hat. Oder es war den Blattmachern egal. Daher nur eine Frage an die Chefredaktoren Luzi Bernet (NZZaS) und Artur Rutishauser (SoZ): Was ist hier schiefgelaufen?

Gut geschleimt, ist halb gewonnen

Im Februar ist im Feuilleton der NZZ ein angebliches Streitgespräch mit Victor Schmid und Andrés Luther erschienen. Geführt haben es seitens der Neuen Zürcher Zeitung Michael Schoenenberger (Inlandschef) und Feuilletonchef René Scheu. Wie liebedienerisch das das Ganze daherkommt, sieht man schon in der Bildunterschrift: "Als `Konsulenten` wollen sie beraten, keine Propaganda machen." Schmid und Luther arbeiten für  Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten, die nach eigenen Angaben führende Kommunikationsberatung der Schweiz. Zu genau dieser wechselt NZZ-Ressortleiter Inland Schoenenberger per Januar 2021. Er gibt an, einige Male beruflich mit den Konsulenten zutun gehabt zu haben. Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte das oben erwähnte Interview gespielt haben. Das Problem ist jedoch grösser: Immer wieder wechseln Redaktorinnen und Redaktoren der NZZ die Seite - und dabei allzu gern zu Unternehmen oder Organisationen, über die sie beispielsweise vorher berichtet haben oder deren Themen in ihre Verantwortung fielen. Als Beispiel sei Claudia Aebersold Szalay genannt, die einst relativ unkritisch über die Schweizerische Nationalbank (SNB) berichtete und 2019 zu derselben wechselte - als Mediensprecherin. Auch Schoenenberger hatte sich ja schon mal als Berater versucht. Nach einem kurzen Intermezzo bei der Agentur Farner kehrte er zur NZZ zurück. Wie zu vernehmen ist, bedauerte man dies bei der Agentur nicht sonderlich. Nur eine Frage aber an all jene NZZ-RedaktorInnen, die bald das Haus verlassen werden: Wäre es möglich, sich einen Job zu suchen, für den man sich nicht zuvor an den neuen Arbeitgeber heranschleimen muss?

Bruchrechnen: durchgefallen

Nur eine Frage
an Brigitte Huber, Chefredaktorin von "Brigitte Wir": Was passiert in der vierten Lebenshälfte?

Samstag, 4. Juli 2020

Kranke Branche

In Zürich springen sie einem derzeit an vielen Orten ins Auge - die Werbeplakate für den Sanitas Health Forecast. Der Name der Krankenversicherung mag kleiner geschrieben sein als der Rest. Es ist aber nichts Anderes als Content Marketing des Unternehmens. Gemacht wurde das 400-seitige Werk von der Agentur Branders. Es gibt dazu den Sanitas Health Forecast Podcast mit Frank Baumann auf allen gängigen Streamingdiensten wie Spotify. Der Report wurde übrigens im Wörterseh Verlag veröffentlicht. Dessen Chefin ist Gabriella Baumann, Franks Frau. Dass es kein qualitätsjournalistisches Erzeugnis ist, wie der Verkaufspreis von 18 Franken nahelegen soll (in Wahrheit dürfte ein Grossteil der Auflage verschenkt werden), legt auch das Editorial nahe. Es ist (im Auftrag) von Andreas Schönenberger geschrieben worden - seines Zeichens Sanitas-CEO. Der Untertitel des Reports lautet "Die Gesundheit der Zukunft. Wie wir bald 120 Jahre lang gesund leben werden". Im Gros der Texte erfährt man dazu allerdings wenig, denn sie kommen ohne harte Fakten aus. Wird nun schwierig, wenn es zum die Zukunft geht. Doch auf das Niveau will ich nicht hinaus. Mir ist etwas anderes aufgefallen. Schon auf dem Buchrückseite ist stolz die Rede von 30 Journalisten, die an dem Werk mitgearbeitet haben. Vorn sind sie dann aufgelistet: Julia Heim, Jana Avanzini, Jessica Braun, Sven Broder, Joël Luc Cachelin, Michelle de Oliveira, Denise Dollinger, Fabienne Eichelberger, Manuela Engrist, Barbara Esser, Wilma Fasola, Daniel Gerhardt, Danica Gröhlich, Annik Hosmann, Matthias Mächler, Anna Miller, Corinna Mühlhausen, Jessica Prinz, Georges T. Roos, Michèle Roten, Katrin Roth, Annette Schär, Oliver Schmuki, Kathrin Schwarze-Reiter, Stefan Schweiger, Miriam Suter, Joëlle Weil, Christoph Zurfluh. Man möchte sich also dank der Namensnennung diverser JournalistInnen einen journalistischen Anstrich geben. Es gibt nur ein Problem: Journalisten dürfen keine interessensgeleitete Kommunikation machen, denn dadurch werden Abhängigkeiten und Interessenskonflikte generiert. Nur eine Frage an die Beteiligten: Verstehen Sie nicht, dass sich damit das letzte Quäntchen Ihrer Glaubwürdigkeit für ein paar Franken nehmen lassen?

So erkennt man Werbung frühzeitig

Immer wieder haben wir hier im Blog über die Praktiken der TX Group berichtet, in deren Zuge Werbung bei 20 Minuten oder im Tages-Anzeiger nicht ordentlich gekennzeichnet wird. Interessant ist, dass etwa 20 Minuten im Impressum angibt, es gebe zwei Arten von Inhaltswerbung: Branded Content (mit Paid Post gekennzeichnet) und Native Advertising (mit Sponsored gekennzeichnet). Der obige Beitrag ist wie diverse andere aber als Kooperation betitelt. Klickt man ihn an, liest man am Ende unter der Überschrift "Unsere Partner und Sponsoren": "Dieser Beitrag wurde von Commercial Publishing in Zusammenarbeit mit... erstellt. Commercial Publishing ist die Unit für Content Marketing, die im Auftrag von 20 Minuten und Tamedia kommerzielle Inhalte produziert." Es fliesst also Geld. Nur eine Frage an den neuen Executive Chairman Pietro Supino: Was sagen Sie zu diesem Etikettenschwindel?

Alte vs. Neue Welt

Angesichts dieses Artikels zum Fall Bergisch Gladbach nur eine Frage an Daniel Deckers von der Frankfurter Allgemeinen (F.A.Z.): Wie kommen Sie darauf, dass sich hinter 30'000 IP-Adressen ebenso viele Menschen verbergen?