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Sonntag, 28. Januar 2018

Die gar nicht so raffinierten Tricks am Recherchedesk

Am Freitagabend konnte man im deutschen Magazin "Der Spiegel" eine doppelseitige Geschichte darüber lesen, wie Marco Bizzarri, Chef der Edelmarke Gucci, einen Grossteil seines Millionengehalts über eine Briefkastenfirma in Luxemburg kassierte. Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp, Gunter Latsch und Jörg Schmitt hatten richtig viel Arbeit damit. Die Story ist ein Primeur und sehr gut geschrieben. Heute las ich dann eine Art Digest als Titelgeschichte in der Sonntagszeitung. Eigene Rechercheergebnisse liefert Autor Oliver Zihlmann vom Recherchedesk des Tamedia-Blattes nicht und nennt auch den Spiegelartikel beziehungsweise die Tatsache, dass die Dokumente dem französischen Magazin Mediapart zugespielt und von Mitgliedern des Journalistennetzwerks European Investigative Collaborations (EIC) ausgewertet wurden, nicht. In der Sonntagszeitung heisst es auf der Titelseite zur Quelle nur: "Interne Dokumente aus dem Gucci-Konzern zeigen...". Die Sonntagszeitung ist übrigens laut Website nicht Mitglied des EIC. Daher nur eine Frage an Chefredaktor Artur Rutishauser: Hat das Stil?

Sonntag, 21. Januar 2018

Berserker der Recherche

Nur eine Frage an Gerhard Mack von der "NZZ am Sonntag": Könnten Sie angesichts des futuristischen Geburtsdatums von Georg Baselitz nächste Woche bitte die Gewinnzahlen für Euromillions vorab bekanntgeben?

Samstag, 20. Januar 2018

Fischer-Bettwaren-Spott

Werbung für Werbung sieht man in diesem Artikel im Zürich-Ressort. Also nur eine Frage an Tobias Wedermann, Leiter des Ressorts Zürich bei 20 Minuten: Das Werbevideo der Fischer Bettwaren mag Kult sein, aber was genau rechtfertigt nun diese Berichterstattung - zumal Ihnen Ernst Fischer auch nichts Nennenswertes erzählt hat?

Donnerstag, 18. Januar 2018

20 Minuten lässt Leser im Regen stehen

Man kann jeden Tag etwas Kritisches über US-Präsident Donald Trump schreiben. "20 Minuten" nimmt für die Auslandsseite ein Agenturbild, wählt eine Überschrift und widerlegt diese dann der Bildunterschrift. Nur eine Frage an Chefredaktor Marco Boselli: Gab es an dem Tag nicht mal eine einzige Agenturmeldung zu einem echten Trump-Versagen?

Neue BMW-S-Klasse ist besser denn je

Heute in Zürich zu Besuch. Im Tram lag eine Lokalzeitung. Einmal aufgeschlagen, gleich wieder weggelegt. Denn nur eine Frage an Marc Leutenengger, freier Mitarbeiter von "Zürich 2": Was ist der Unterschied zwischen einem Subaru und einem Toyota?

Dienstag, 16. Januar 2018

Binswanger ist nicht Canonica

Auch Charlotte Theile, Schweiz-Korrespondentin der "Süddeutschen Zeitung", berichtet über den Start der Republik. Aber nur eine Frage: Wann genau hat Daniel Binswanger "Das Magazin" geleitet?

Montag, 15. Januar 2018

Nichts, was sie nicht schon immer über Woody Allens Sex wissen wollen

"Journalismus wird nicht glaubwürdiger, wenn er sich der #Metoo-Bewegung anbiedert", schrieb Claudia Schwartz unlängst so treffend in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Vier Titelthemen werden auf der aktuellen Ausgabe des deutschen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" angepriesen. Ganz unten rechts "#MeToo: Der Versuch, mit Woody Allen über Missbrauch zu reden". Wow, denkt man, da traut sich jemand etwas und findet neben Harvey Weinstein, Dieter Wedel und Werner De Schepper noch jemanden, mit dem man sich mal über das Thema unterhalten sollte. Spiegel-Redaktor Philipp Oehmke, unter anderem für glorifizierende Star-Porträts bekannt und Autor der affirmativen Toten-Hosen-Biografie "Am Anfang war der Lärm", war bei Woody Allen in New York. Und was macht Oehmke: Die erste Seite schreibt er mit einer Zusammenfassung bisher erhobener und angejahrter Vorwürfe voll. Dylan Farrow, von Allen und Schauspielerin Mia Farrow adoptiert, behauptet seit 1992, von ihm missbraucht worden zu sein. Auf der zweiten Seite darf Woody Allen über seinen neuen Film "Wonder Wheel" sprechen, in dem Kate Winslet und Justin Timberlake die Hauptrollen spielen. Dann geht es kurz um Weinstein und am Ende kommt dann die oben zu sehende Passage. Im Klartext: Oehmke stellt Allen eine Frage, der sagt, dazu habe er vor Jahren in der "New York Times" alles geschrieben und er werde sich nicht mehr dazu äussern. Nur eine Frage an Spiegel-Chefredaktor Klaus Brinkbäumer: Warum bekommt ein solcher Text im Heft drei Seiten und die reisserische Ankündigung auf dem Cover?

Donnerstag, 4. Januar 2018

#NoIntransparenz bei #NoBillag

Hansi Voigt wütet derzeit massiv gegen die No-Billag-Initiative. Er feuert seit Tagen Tweets zum Thema ab. Als ehemaliger Chefredaktor von 20 Minuten Online und Gründer von Watson ist Voigt ein Selbstvermarktungsprofi. Passenderweise startet er nach Ende seines Schreibverbots nun als Medienkolumnist bei der Woz neu durch. Raten Sie mal, worum es in seiner ersten gerade publizierten Kolumne "Die Medienzukunft" geht: Genau, No Billag. Man sollte aber zwei Fakten nicht vergessen: Voigts Partnerin Ursula Gabathuler (ob sie es noch ist, weiss ich nicht) arbeitet beim SRF. Wichtiger: Voigt wird bei Tamedia, Ringier, AZ Medien und der NZZ-Mediengruppe keinen Job mehr kriegen, weil er dort zu viele Leute vor den Kopf gestossen hat. Daher nur eine Frage an Hansi Voigt: Hoffen Sie nun als letzte Chance auf einen Anruf vom SRF, zumal ihre Plattform WePublish wohl auch kein Erfolg werden wird?

So wird keine eine Nachricht

Im Frühjahr 2016 hat Schauspielerin Ursula Andress ihre Villa in Los Angeles für 2,3 Millionen Dollar an die Innenarchitektin Malgosia Migdal verkauft. Diese hat sie nun weiterverkauft. Daher nur eine Frage an Stefan Barmettler von der Handelszeitung: Ist es noch die Villa des ehemaligen Bond-Girls, wie Sie in der Schlagzeile suggerieren?

So wird das nichts mit der Paywall

Felix Lee hat eine interessante Geschichte darüber geschrieben, wie China gegen den Bitcoin vorgeht. Der Artikel wurde an Luzerner Zeitung und Die Presse verkauft. Das Problem: In der österreichischen Zeitung steht er hinter einer Bezahlschranke. Wer mag, findet ihn aber mit zwei Klicks auf der Schweizer Newssite gratis. Daher nur eine Frage an die Verantwortlichen: Wie sollen so Leser zu zahlenden Kunden werden?

Stephanie Lahrtz berichtet aus München über Basel

Viele NZZ-Artikel aus dem Ressort Ausland sind nichts weiter als Zusammenschriebe diverser Agenturmeldungen und/oder anderer Medienberichte. Im Inland sowieso, wie Ressortchef Michael Schoenenberger einst indirekt einräumte. Deshalb nur eine Frage an Eric Gujer, Chefredaktor der NZZ: Welchen Mehrwert bringen eigentlich Korrespondenten, die hunderte oder tausende Kilometer von den Orten des Geschehens stationiert sind?

Nichts Neues mehr aus dem Sängerhimmel

Der Sänger Roger Cicero ist bekanntlich längt tot. Er starb im Alter von nur 45 Jahren am 24. März 2016 an einem Hirninfakt. Daher nur eine Frage an Bild: Warum sollte man für News zu Cicero noch Alerts abonnieren?

Mittwoch, 3. Januar 2018

Faktenfrei und Spass dabei

Der Soziologe Stephan Lessenich schreibt in der Süddeutschen Zeitung, es seien nicht die Abgehängten gewesen, die den Aufstieg der rechtsnationalen Alternative für Deutschland (AfD) ermöglicht hätten, sondern die Mittelklasse voller Abstiegsangst. Interessante These. Im ganzen Artikel findet sich aber kein einziger echter Beleg dafür (eine repräsentative Umfrage oder Ähnliches). Man liest Passagen wie diese: "Was wir im Jahr 2017 vielmehr erlebt haben, ist der "Aufstand der Etablierten" (Cornelia Koppetsch): Eine Bewegung zur Verteidigung von als gerechtfertigt erachteten und durch den Aufstieg von Außenseitern als gefährdet wahrgenommenen ökonomischen, sozialen und kulturellen Vorrechten. Eine Bewegung, die Klassenkämpfe aus der Mitte führt - und in der die unteren und oberen Fraktionen der Mittelschicht in einer klassenpolitischen Positionierungskonkurrenz zueinander stehen, um letztlich dann aber doch an einem Strang zu ziehen." Also nur eine Frage an SZ-Chefredaktor Kurt Kister: Sollten nicht auch im Feuilleton Fakten geboten werden?

Gratis ist noch zu teuer

Valeska Blank, immerhin stellvertretende Ressortleiterin Wirtschaft der Gratiszeitung 20 Minuten, hat für die heutige Printausgabe den Aufmacher verfasst: "Darum arbeiten Angestellte im Café besser als im Büro". An diesem Artikel ist so vieles handwerklich schlecht, dass man gar nicht weiss, wo man anfangen soll. Vielleicht mit den kleineren Dingen: Quelle ist ein Artikel aus der Harvard Business Review, der natürlich nicht erwähnt wird. Online ist er immerhin verlinkt. Die Quelle stammt aus dem Oktober. Kann man machen - bei einem tagesaktuellen Medium. Eine erwähnte Studie belgischer Forscher ist bereits von 2016, eine weitere allerdings schon von 2013. Aktualität also schon mal Fehlanzeige. Egal. Schlimmer ist, dass Blank einfach kommentierend eingreift und Studienergebnisse so interpretiert, dass sie zur Titelthese passen. Beispiel: "Wenn man andere hart arbeiten sieht, gibt man sich bei den eigenen Aufgaben mehr Mühe. Das haben belgische Forscher herausgefunden. Ihr Fazit: Fleiss wirkt ansteckend. Dieser Effekt kann in einem Café gut greifen, denn dort sieht man ständig, wie die Angestellten servieren, abräumen oder Tische putzen." Das haben die belgischen Forscher aber nicht so geschrieben. Noch ein Beispiel: "Dass Angestellte mehr leisten, wenn sie ab und zu der Grossraum-Atmosphäre entfliehen können, haben schon zahlreiche Umfragen belegt. Eine Studie der Universität Stanford zeigt etwa, dass Mitarbeiter im Homeoffice 13,5 Prozent effizienter sind und 9 Prozent engagierter arbeiten als ihre Kollegen, die immer im Büro präsent sein müssen." In der Onlineversion wurde hier ein Satz entfernt. In der Printversion folgt nämlich noch folgender: Fürs Café dürfte also dasselbe gelten. Nicht zuletzt steht im Lead, dass Angestellte im Café mehr leisten als im Büro. Auch das wird natürlich im Text nicht belegt. Der Originalartikel der Harvard Business Review liefert dieses Ergebnis auch nicht hart. Also nur eine Frage an Valeska Blank: Haben Sie diesen Artikel am Silvesterabend verfasst?

Dienstag, 2. Januar 2018

Fremde Federn helfen beim Etikettenschwindel

Simon Bärtschi, Adrian Zurbriggen, Artur Rutishauser, Michael Marti, Armin Müller und Iwan Städler - kürzlich feierte sich die neue Chefredaktion Tamedia in einer aufwändigen Hochglanzbeilage und präsentierte in dieser zwölf journalistische Stücke aus diversen Tamedia-Redaktionen. Nun könnte man sich fragen, wo die Frauen in der Chefredaktion sind. Auffällig ist aber auch etwas Anderes: Die 12-App von Tamedia wird immer als Best-of-Tamedia vermarktet. So ist etwa in der Beschreibung im App Store zu lesen: "Die Artikel stammen aus verschiedenen Redaktionen des Verlags Tamedia." Heute war dann aber eine Story der Süddeutschen Zeitung im Angebot, die ich an dieser Stelle schon gewürdigt habe. Gekennzeichnet ist der Artikel nicht. Klar: Der Tamedia hat aus Spargründen einen Deal mit der Süddeutschen. Das weiss man. Letztens war allerdings auch von Redaktor Werner Bartens auf tages-anzeiger.ch die Rede. Der arbeitet allerdings ebenfalls bei der Süddeutschen. Man mag das Zufall oder einen Etikettenschwindel nennen. Daher nur eine Frage an die neue Chefredaktion Tamedia: Sind die eigenen Titel nicht mehr in der Lage 12 Stücke am Tag zu liefern, die es wert sind, in der App aufgenommen zu werden?