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Freitag, 8. November 2019

Abschreiben, umschreiben, einsparen

Als Pascal Hollenstein noch bei der NZZ am Sonntag war, gab es dort ein interessantes Experiment: Man bestellte einige Agenturen ab und schrieb die Meldungen einfach aus dem Netz von Websites ab, die Kunden von Reuters und Co. waren. Kürzel davor, Quelle genannt und das war's. Das dürfte auch bei CH Media passieren, wenn dort, wie diese Woche angekündigt, das eigene Newsdesk steht und von der SDA nur noch ein Rumpfangebot bezogen wird. SDA-Meldungen, Stichwort: Ticker, gibt es bekanntlich im Netz nach wie vor vielerorts gratis oder mit einem Digital-Abo, an das - etwa für die NZZ - zu gelangen, für CH-Media-Mitarbeiter ja kein Problem sein dürfte. Fassen wir zusammen: Lokal müssen die CH-Media-Medien ohnehin eigene Stories produzieren. Inland und Wirtschaft können sie von anderen Medien/der SDA abschreiben, Kürzel darüber setzen, artig verlinken auf die Originalquellen (also etwa auch Medienmitteilungen) verlinken und schon spart man ein paar Hunderttausend Franken im Jahr - und hämmert der darbenden SDA einen weiteren Sargnagel ein. Deren Angebot wird noch schlechter. Darauf verweisend, können die Verleger noch weiter die Preise drücken und die Negativspirale dreht sich immer schneller. Nebenbei bemerkt: Redaktionen wie 20 Minuten beschäftigen seit jeher Netzreporter, die nichts anderes tun, als Meldungen aus dem Web abzuschreiben. Nicht nur von anderem Medien, sondern auch von Agenturen. Da wird dann etwa eine dpa-Meldung ins CMS kopiert und innert zehn Minuten so umgeschrieben, dass man das Original nicht mehr erkennt. Fact Checking und Quellensortierung hat die Agentur ja schon gemacht. Wenn Hollenstein davon spricht, dass man sich einen gewissen Einspareffekt erfhoffe, dann darf man nicht vergessen, dass Einsparungen der Hauptgrund für die Existenz von CH Media sind. Daher nur eine Frage an Pascal Hollenstein: Warum nicht mal ehrlich sein?