Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Sie war morgens nicht mehr in der Journalistenschule


Grob verkürzt, soll die Reportage an Einzelnen ganze Entwicklungen verdeutlichen. Man trifft sich also mit einem verarmten Lehrer aus Chicago und erzählt an seinem Beispiel die Erosion der Mittelschicht nach. Online-Sucht - das ist auch so ein Thema, an dem jeder sich mal versuchen darf. Heute war Irina Eftimie im Thuner Tagblatt an der Reihe. Dem Newsnetz war die Story eine Doppelplatzierung wert, wie im obigen Bild zu sehen ist. Schon im Intro bemerkt die Journalistin richtigerweise, es gebe kaum Fakten zum Thema. Trotzdem schreibt sie, es gebe Zehntausende Internetsüchtige hierzulande. Schlüssig belegen lässt sich das nicht. Und daher muss er her - der Einzelfall. In diesem Fall hat er die Initialen A. S. und erzählt wird die Geschichte einer Frau, deren Mann "nachts nicht mehr im Bett war".

Lassen wir die Frage nach der Wahrhaftigkeit der Erzählerin und der Aussagekraft der Geschichte einmal kurz unbeachtet und erinnern uns, was der deutsche Medienjournalist Stefan Niggemeier unlängst für die F.A.Z. schrieb: "Die Studie, wonach eine halbe Million Deutsche „internetsüchtig“ seien, beruht auf Unterstellungen. Statt zu differenzieren, worin genau die Abhängigkeit besteht – ob es etwa konkret um Online-Spiele geht oder um virtuellen Sex – wird der Ort an sich zur Gefahr erklärt. Eine der Schlüsselfragen heißt: „Wie häufig bevorzugen Sie das Internet, statt Zeit mit anderen zu verbringen, z.B. mit Ihrem Partner, Kindern, Eltern, Freunden?“ Die Möglichkeit, im Internet „Zeit mit anderen zu verbringen“, ist nicht vorgesehen. Nähe und Gemeinsamkeit zählen nur in analoger, körperlicher Form, das Internet wird konsequent als wirklichkeitsferner, einsamer Fluchtort definiert. Fragen wie: „Wie häufig setzen Sie Ihren Internetgebrauch fort, obwohl Sie eigentlich aufhören wollten?“ tun ihr Übriges. (Man ersetze Internetgebrauch testweise durch Bücherlesen, Schlafen oder Essen.)"

Nur eine Frage, Irina Eftimie: Ist der beschriebene Fall wenigstens nicht ausgedacht?

I wander why


Nur eine Frage, Guido Wemans: Dass Ihre Website noch wie 1995 aussieht, hat nichts mit der Qualität Ihrer Überschriften zu tun, oder?