Samstag, 4. Juli 2020
Kranke Branche
In Zürich springen sie einem derzeit an vielen Orten ins Auge - die Werbeplakate für den Sanitas Health Forecast. Der Name der Krankenversicherung mag kleiner geschrieben sein als der Rest. Es ist aber nichts Anderes als Content Marketing des Unternehmens. Gemacht wurde das 400-seitige Werk von der Agentur Branders. Es gibt dazu den Sanitas Health Forecast Podcast mit Frank Baumann auf allen gängigen Streamingdiensten wie Spotify. Der Report wurde übrigens im Wörterseh Verlag veröffentlicht. Dessen Chefin ist Gabriella Baumann, Franks Frau. Dass es kein qualitätsjournalistisches Erzeugnis ist, wie der Verkaufspreis von 18 Franken nahelegen soll (in Wahrheit dürfte ein Grossteil der Auflage verschenkt werden), legt auch das Editorial nahe. Es ist (im Auftrag) von Andreas Schönenberger geschrieben worden - seines Zeichens Sanitas-CEO. Der Untertitel des Reports lautet "Die Gesundheit der Zukunft. Wie wir bald 120 Jahre lang gesund leben werden". Im Gros der Texte erfährt man dazu allerdings wenig, denn sie kommen ohne harte Fakten aus. Wird nun schwierig, wenn es zum die Zukunft geht. Doch auf das Niveau will ich nicht hinaus. Mir ist etwas anderes aufgefallen. Schon auf dem Buchrückseite ist stolz die Rede von 30 Journalisten, die an dem Werk mitgearbeitet haben. Vorn sind sie dann aufgelistet: Julia Heim, Jana Avanzini, Jessica Braun, Sven Broder, Joël Luc Cachelin, Michelle de Oliveira, Denise Dollinger, Fabienne Eichelberger, Manuela Engrist, Barbara Esser, Wilma Fasola, Daniel Gerhardt, Danica Gröhlich, Annik Hosmann, Matthias Mächler, Anna Miller, Corinna Mühlhausen, Jessica Prinz, Georges T. Roos, Michèle Roten, Katrin Roth, Annette Schär, Oliver Schmuki, Kathrin Schwarze-Reiter, Stefan Schweiger, Miriam Suter, Joëlle Weil, Christoph Zurfluh.
Man möchte sich also dank der Namensnennung diverser JournalistInnen einen journalistischen Anstrich geben. Es gibt nur ein Problem: Journalisten dürfen keine interessensgeleitete Kommunikation machen, denn dadurch werden Abhängigkeiten und Interessenskonflikte generiert.
Nur eine Frage an die Beteiligten: Verstehen Sie nicht, dass sich damit das letzte Quäntchen Ihrer Glaubwürdigkeit für ein paar Franken nehmen lassen?